Wie ist das eigentlich mit der Liebe?
Interview zur Jahreslosung mit Christine Koch-Brinkmann
Wie ist das eigentlich mit der Liebe?
Fragen zur Jahreslosung an Christine Koch-Brinkmann, Leiterin der Ev. Lebensberatung
Redaktion:
Wie würden Sie eigentlich Liebe definieren?
Chr. Koch-Brinkmann:
Liebe ist eine große Kraftquelle. In der Partnerschaft führt sie über die Anziehung zum Verliebtsein und setzt große Hoffnung frei, z.B. auf Selbsterweiterung und darauf, dass die Partnerschaft Probleme löst und mein Leben besser macht. Es ist normal, dass diese Hoffnung in der Realität des Alltags enttäuscht wird. Es gilt, den anderen so zu nehmen, wie er ist, und nicht, wie ich ihn gerne haben würde. Die Liebe kann aber gepflegt werden: Man kann sich Aufmerksamkeit schenken, Interessen teilen, viel Zeit miteinander verbringen. Es lohnt sich, etwas für die Liebe zu tun!
Redaktion:
Warum ist die Liebe so wichtig für das Leben?
Chr. Koch-Brinkmann:
Es geht darum, nicht allein zu sein, jemanden an der Seite zu haben. Menschen möchten körperliche Nähe spüren. Sie möchten sich sicher und geborgen fühlen.
Redaktion:
Die partnerschaftliche Liebe ist die eine. Welche Rolle spielt die Selbstliebe?
Chr. Koch-Brinkmann:
Menschen, die sich selbst lieben, haben es leichter. Es ist hilfreich, auch in Partnerschaften immer wieder auf sich selbst zu gucken und eigene Bedürfnisse wahrzunehmen. Die Selbstliebe und der Selbstwert stehen in Beziehung. Vielleicht ist das Tanzen ein gutes Beispiel: Wer gern tanzt, weiß, dass eigenes Bewegen, sich im Gleichgewicht zu halten und das Stützen des anderen gut miteinander im Verhältnis stehen sollten.
Redaktion:
Und was ist, wenn die Liebe verschwunden scheint oder fehlt?
Chr. Koch-Brinkmann:
Dann ist die wichtige Frage: Willst du dich auf den Weg machen, um die Liebe zu suchen? Paare oder Einzelpersonen ermutigen wir in der Beratung, zu überlegen: Wo hakt es? Was ist das Schwierige? Oft hilft es schon, sich darüber bewusst zu sein. Dann kann man nach Veränderungsmöglichkeiten suchen und Schritte ausprobieren.
Redaktion:
Fehlende Liebe kann auch einsam machen. Was können Menschen tun, die sich einsam fühlen?
Chr. Koch-Brinkmann:
In der Beratung bestärken wir sie zu überlegen, welche Angebote es gibt, um ihre eigene Rolle oder auch eine interessante Aufgabe zu finden. Durch Aufmerksamkeit und Austausch verändert sich oft schon viel. Es hilft, wenn Menschen sich aufmachen. Manchmal ist auch die Frage: Trauen sie sich? Dann können wir bestärken und ermutigen. Im besten Fall können sie sich schließlich ganz neu auf die Liebe einlassen.
Redaktion:
Auch in Familien mit Kindern spielt die Liebe eine große Rolle. Was ist bei der Liebe zu Kindern zu beachten?
Chr. Koch-Brinkmann:
Es ist nicht selten eine große Herausforderung, sein Kind so zu lieben, wie es ist. Es geht darum, ein Kind in seinem So-Sein zu würdigen und genau zu schauen, wer und wie das Kind ist. Gleichzeitig ist es wichtig, ein Kind in gutem Maße zu fördern und zu fordern: Liebe bedeutet nicht, alles für das Kind zu tun. Wenn man es schafft, als Paar gut zusammen zu sein, kann man Kinder gut erziehen.
Redaktion:
Die Jahreslosung bezieht sich auf die Liebe ganz allgemein. Sie macht einen hohen Anspruch deutlich: Alles aus Liebe tun. Was bedeutet das für Sie?
Chr. Koch-Brinkmann:
Eigentlich geht es doch darum, eine Haltung zu haben: Ich weiß, ich kann‘s nicht, aber ich versuche es trotzdem. Ich setze eine Brille der Liebe auf und sehe den anderen zugewandt und mit Wohlwollen an. Ich unterstelle ihm nichts Böses, sondern gehe vom Guten aus.
Das Interview führte Beate Peters